Retten wir das Klima!

 

Die Jugendlichen, das Klima und die Grünen

 

 

Fragt man die Jugendlichen nach ihren Zukunftsängsten, rangiert der Klimawandel an erster Stelle. Politisches Engagement bedeutet für viele oder die meisten Jugendlichen, dass man "etwas dagegen tut", zum Beispiel auf Autofahren oder Fleisch verzichtet. Das ist verständlich. Die heutigen Umweltsünden müssen diejenigen ausbaden, die das Leben noch vor sich haben, und soweit es um Atommüll, Pestizide, Artenschutz, Landschaftsschutz und weitere Dinge geht, die im normalmenschlichen Einflussbereich liegen, kann man jugendlichen Idealismus nur begrüssen. Ich selber bin mit gutem Beispiel vorangegangen. Voller Idealismus und noch ziemlich grün hinter den Ohren habe ich beim Bund für Naturschutz jahrelang in den heissesten Sommerwochen Trockenmauern gebaut, damit die Eidechsen ein Zuhause haben. Und damit die Landschaften hübsch aussehen. 

 

Doch beim Klimaschutz kommt man mit diesem Denken an eine Grenze. Retten wir das Klima! Fangen wir mit einem Lasso den Mond ein! Den wachsenden Volkswirtschaften in Indien, China und Afrika dürfte es ziemlich egal sein, wenn bei uns ein paar Klima-Spinner heldenhaft an einer CO2-Bilanz herumdoktern, die im globalen Masstab kaum ins Gewicht fällt. Und die man sowieso niemals flott bekommt, weil das ganze Wirtschaftssystem unbeirrbar in die andere Richtung läuft: mehr Mobilität, mehr Warentransfer, weitere Transportwege und immer neue "Kurzschluss-Innovationen" wie zum Beispiel Elektroautos, deren Klimabilanz nach wie vor zweifelhaft ist. Auch Windräder, die Tausende Tonnen Sondermüll erzeugen, gehören zu den berüchtigten grünen Schnellschüssen, die nach hinten losgehen könnten. (In Deutschland läuft in Bälde die EEG-Förderung für Windräder ab, weshalb man dort etwa 6000 Anlagen abmontieren muss). Gibt es überhaupt eine "saubere" oder "nachhaltige" Technologie? Hochtechnologie ist extrem verästelt. Verfolgt man die Fertigung aller ihrer Bestandteile weit genug zurück, gelangt man zuletzt dann doch wieder zu einem vergifteten Bergwerk, einer Urwaldrodung oder einer indischen Spezialmanufaktur, die ihre Abwässer in einen Fluss oder ins Meer leitet. An jeder Innovation hängt eine unabsehbare Produktionskette, die sich um den ganzen Erdball schlingt, verbunden mit immensen Transportwegen und enormen Umweltbelastungen in den Billigproduktionsländern, die wir im Namen der Globalisierung "multilateral nutzen", sprich ausbeuten. Die Globalisierung ist ein Fass ohne Boden. Auch was den Klimaschutz betrifft. Sie erlaubt uns, den CO2-Ausstoss in den Süden zu verlagern, damit wir eine gute Klimabilanz erzielen. So wird der Klimaschutz zu einem Geschäftsmodell, das es den Reichen erlaubt, den Armen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das Problem ist also auch die global vernetzte Wirtschaft. Und soweit ich sehe, sind die Grünen die Letzten, die dagegen auf die Barrikade gehen. Wieso sollten sie auch? Sie sind diejenigen, die am meisten von der Globalisierung profitieren, respektive in den letzten dreissig Jahren davon profitiert haben.

 

Überhaupt strotzt die grüne Ideologie nur so vor Widersprüchen. Es ist eine Ideologie der zu kurz gedachten Gedanken und der zu weit gespannten Moral. Eine Ideologie der kleinen Füsse und der grossen Schuhe, der kleinen Köpfe und der grossen Hüte. Nichts passt hier zusammen. Das fängt ja schon beim Privatkonto an. Wie zahlreiche Untersuchungen belegen, gehören die Grünen wie auch ihre Sympathisanten und Wähler zur obersten Einkommensklasse. Keine andere politische Gruppierung geniesst einen derart abgesicherten Wohlstand. Es sind Leute, die sich ein Umweltgewissen leisten können. Es sind Leute, die den Verzicht predigen, weil sie etwas haben, worauf sie verzichten können. Sie gehören zur Oberklasse. Wenn man die Bevölkerung nach CO2-Fussbadrücken sortiert, kommen die Grünen mit Sicherheit am schlechtesten weg. Das ist eigentlich logisch. Hier stossen wir bereits zum Kern der Sache vor, zur grünen Achillesferse. Die Kritik am Wasserpredigen und Weintrinken tun die Grünen gerne als Argumentum ad hominem ab: als Scheinargument, das auf den Menschen und nicht auf seine an sich richtige Überzeugung zielt. Doch damit liegen sie falsch. Das Argumentum ad hominem, das den Menschen daran misst, ob er seine Moral nur predigt oder sie auch lebt, ist kein Scheinargument. Im Gegenteil. Es ist das Königsargument. Ein Moralist muss sich immer an der eigenen Moral messen lassen, das heisst daran, ob er ihr persönlich gerecht wird oder nicht. Man kann schliesslich auch nicht einen Richter zulassen, der in seinem Privatleben notorisch gegen das Gesetz verstösst. Und zweitens deckt das Argumentum ad hominem auf, wes Geistes Kind jemand ist. Eine Überzeugung hat, wenn auch meistens indirekt und verkappt, sehr wohl etwas mit den nicht allzu selbstlosen Interessen und handfesten materiellen Lebensgrundlagen derjenigen zu tun, die diese Überzeugung predigen. Dass die Privilegierten den Verzicht predigen, ist nichts Neues. Es liegt in der Logik der Sache. Schon Luther hat die Scheinheiligkeit der Ablassprediger angeprangert, und auch Marx hat festgestellt, dass eine "Moral von oben" immer nur das Ziel hat, den Reichtum und die Privilegien der Mächtigen zu sichern. Diese Analyse hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Es verwundert kaum, dass die Grünen und ihre Sympathisanten und Wähler die meisten Flugmeilen verbuchen. Tatsächlich ist niemand mobiler. Keine andere politische Gruppierung frönt hemmungsloser dem Laster des Jet Sets und leistet sich mit grösserer Selbstverständlichkeit hie und da ein Wochenende in London oder Madrid oder einen Selbsterfahrungstrip mit Gebirgstrekking und Haifischwatching irgendwo am anderen Ende der Welt. Was sicher auch mit dem Bildungsgrad zusammenhängt. Unter allen politischen Gruppierungen besitzen die Grünen und ihre Sympathisanten und Wähler den grössten Anteil an Universitätsabgängern. Grün punktet vor allem in strukturstarken, sanft gentrifizierten Gegenden, wo man sich als "Weltbürger" versteht. Typisch für diese politische Ausrichtung ist auch, dass man zwar die Klimafrage hochspielt, aber im eigenen Interesse die relevantesten CO2-Sünder ungeschoren lässt: den internationalen Schiffsgüterverkehr und die Bauwirtschaft. Die Grünen sind zwar gegen den Individualverkehr, den kleinen Herrn Meier, der mit seinem Kleinwagen zur Arbeit fährt, aber gegen den grossen, den grenzüberschreitenden Waren- und Menschenverkehr haben sie nichts. Da stehen sie voll und ganz dahinter. Wir sehen das ja auch in der Schweiz. Zementwerke sind hierzulande die grössten CO2-Verursacher. Für die Grünen bislang kaum ein Thema. Und sie wissen auch genau warum. Im Vorfeld der Abstimmung über die SVP-Initiative "Gegen Masseneinwanderung" sind sie sehr dezidiert für einen künstlich forcierten Bevölkerungszuwachs und infolgedessen auch MEHR Infrastruktur, MEHR Bautätigkeiten und MEHR Zementverbrauch eingetreten. Den Grünen geht es mit Sicherheit nicht um die Einsicht in sozioökologische Zusammenhänge. Ihnen geht es ausschliesslich darum, den kleinen Mann und die kleine Frau in die Pflicht zu nehmen. Sie indexieren und werten das Verhalten der Endabnehmer, Konsumenten und Wähler, indem sie es mit einer Moral verbinden. Nicht, wie das in meiner Jugendzeit noch der Fall gewesen ist, mit einer primarschultauglichen Alltagsmoral ("Keine Frösche überfahren"), sondern mit einer abstrakten, das normalmenschliche Vorstellungsvermögen weit übersteigenden Supersize-Moral, die eine Verantwortung für das Weltganze einfordert ("Den Klimakollaps in letzter Sekunde verhindern"). Eine Moral für das Weltganze einzufordern, läuft auf eine gewollte Überforderung hinaus. Was tut ein Mensch, der überfordert ist, der weder ein noch aus weiss? Er verlangt nach Führung, nach Weisung. Er wählt die Grünen, weil die ja so allwissend sind.

 

Den Anspruch, die Welt zu retten, muss man kritisch sehen. Wenn der Zweck die Mittel heiligt, wird es gefährlich. Wenn jeder ausgetrocknete Dorfteich als Indiz für die nahende Apokalypse herhalten muss, verliert man allzu schnell den Sinn für Verhältnismässigkeit. Allzu schnell kann es passieren, dass man im Namen einer ganz grossen Sache Zwänge erzeugt, die gegen jedes demokratische und liberale Gesellschaftsverständnis gerichtet sind. Die grösste Gefahr ist jedoch die Entfremdung. Mit den normalen, alltäglichen Erfahrungen, die uns ausmachen, einen Heinz zum Heinz und eine Erika zur Erika machen, ist die Weltrettung nicht in Übereinstimmung zu bringen. Salopp gesagt: die Welt geht uns am Allerwertesten vorbei. Das ist kein Versagen. Es ist ganz natürlich. Wir sind an einem konkreten Ort beheimatet - und nicht auf der ganzen Welt. Und jeder Ort ist einmalig und unvergleichbar. Wie auch jede Lebenssituation mit ihren lokalen, kleinräumigen Besonderheiten. Was für mich selbst und meine nächsten Nachbarn gut und richtig ist, ist womöglich für jemanden am anderen Ende der Welt genau das Falsche. Eine zentral gesteuerte Weltrettung kann für den Einzelnen wie auch für lokale Gesellschaften äusserst negative Auswirkungen haben. An diesem Punkt scheitern denn auch sämtliche Klimaabkommen. Dennoch darf man optimistisch sein. Was wir retten können, ohne die Gesellschaft umpflügen oder planieren zu müssen, ist die Umwelt. Wenn man dieses Wort richtig gebraucht, meint es nicht die ganze Welt, sondern bloss die Umgebung, in der man lebt. Und dort ist auch das Wort "Ökologie" angesiedelt, das man mit "Haushaltung" übersetzen könnte. Eine Haushaltung und erst recht eine nachhaltige Haushaltung funktioniert nur, wenn man sich auf das Bekannte, Kleine, Überschaubare und Beschränkte konzentrieren kann. Auf den richtigen Massstab und das richtige Mass. Il faut cultiver notre jardin, wie es bei Voltaire heisst. Nach langen Irrfahrten und grossen Enttäuschungen kommt Voltaires Candide zum Schluss, dass man sich im grossen Weltenlauf ja doch nur verrennt. Man sollte sich auf den persönlichsten Radius beschränken. Bestelle dein Haus und pflege dein Gärtchen. Begnüge dich mit dem, was du hast, und tue dein Möglichstes, um dich nicht zu überfordern. Wähle den Minimalismus, den inneren Reichtum, die Anspruchslosigkeit. Sichere dich nicht gegen alles ab, aber sorge vor, indem du zum Beispiel ein tiefes Brunnenloch gräbst. Ein solches wirst du benötigen, weil die nächsten 500 Jahre ein bisschen trocken sein könnten. Wie du dort, wo du lebst, über die Runden kommst: das soll dich etwas angehen. Der Rest der Welt kann dir egal sein. Ist das ignorant? Nein, ich finde das eigentlich sehr weise. Wir sollten uns auf die Klimaerwärmung einstellen und das Beste daraus machen. Wir sollten sie wie eine Freundin behandeln, eine Borderline-Freundin, die ein bisschen schwierig ist, ein bisschen hitzig und unausgeglichen, aber mit der man leben kann. Leben können muss. Die Klimaerwärmung ist da, und die Behauptung, man könne sie noch irgendwie rückgängig machen oder den endgültigen Kollaps (was auch immer das sein soll) in letzter Sekunde abwenden, halte ich für hochspekulativ. Das klingt mir doch verdächtig nach Wunschdenken! Die klimatischen Prozesse, die wir in Gang gesetzt haben, können wir nicht mehr aufhalten, selbst dann nicht, wenn wir von heute auf morgen jedes Treibhausgas unschädlich machen. Gewisse Prozesse sind jetzt schon unumkehrbar, die Zündschnur brennt, die Kettenreaktion läuft, und kein Klimawissenschaftler weiss mit Sicherheit, wo sie hinführt. Man kann also nicht so tun, als ob die Frau Müller mit ihrem Elektroauto die Welt retten könnte. Oder der Sven mit seinem Öko-Lifestyle-Lädeli. Oder die Erstsemester-Studentin, die mit einem Pappschildchen für Klimaschutz demonstriert. Das alles wird das entwichene Methan nicht wieder in die tauenden Permafrost-Böden zurückbringen.

 

Extremwetterereignisse nehmen zu. Hitzerekorde, Starkregen und Dürren werden zur Normalität, und die Winter schwächeln derart, dass man im ganzen Alpenraum kaum noch einen Ort findet, wo man ohne künstliche Beschneiung skifahren kann. Ist das nun eine Katastrophe? In unsern Breitengraden gewiss nicht. Auf Wintersport verzichten? Kein Problem! Wintersport ist so überflüssig wie eine Frostbeule. Und was die sonstigen Veränderungen angeht, so sind sie nicht nur mit Abstrichen verbunden. Verlust und Gewinn halten sich ungefähr die Waage. Wir haben insofern Glück, als es wärmer und nicht kälter wird. Während die Fichten absterben, wachsen jetzt halt vermehrt Kastanienbäume. Wer unter Palmen wandeln will, muss nicht mehr an den Lago Maggiore fahren, wodurch die Gotthardröhre entstopft wird, und unsere Bauern überlegen sich ernsthaft, ob sie nicht Mangos oder Opium anbauen sollten. Was ist daran so schlimm? Ich habe mit einem Bauern geredet, der am Vierwaldstättersee Kiwis anbaut. Schon seit Jahren verkauft er Kiwischnaps. Hochprozentigen, versteht sich. Seine Kühe hat er durch Lamas ersetzt. Und auch wenn es mit dem Melken noch ein bisschen hapert ("Die Viecher haben nicht mal richtige Euter"), ist er mit seiner Situation recht zufrieden. Anstatt herumzujammern, apokalyptische Ängste zu schüren und einen vorwurfsvollen "Lätsch" zu machen, weil sich die Leute nicht genügend schuldig fühlen, hat er seine Ärmel hochgekrempelt und etwas getan: etwas Reales und Produktives. Die Klimaerwärmung eröffnet neue Möglichkeiten, sie bringt Veränderungen, die wir, um ein ziemlich nichtssagendes Modewort zu gebrauchen, proaktiv gestalten können. Heutzutage muss ja alles proaktiv sein. Man wird ja regelrecht mit diesem Wort bombardiert. Nun, ihr lieben Möchtegern-Proaktiven: hier habt ihr die Chance eures Lebens! Die Welt retten können wir nicht. Aber die Umwelt können wir gestalten. Wir können uns den klimabedingten Veränderungen anpassen. Proaktiv und mit hochgelitzten Ärmeln! 

 

Weltrettung oder Untergang. Die grüne Parole ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Doch eigentlich ist sie falsch. Mit dem Untergang kann man nämlich recht gut leben, und die Weltrettung ist insofern eine Utopie, als die Natur schon immer eine Katastrophe gewesen ist. Wir neigen dazu, unsere Vergangenheit zu verklären. Vor allem auch die kollektive Vergangenheit. Das ideale und passgenau "richtige" Klima gibt es nicht und hat es nie gegeben. Ich wundere mich manchmal über die Selbstverständlichkeit, mit der man von einem Standard-Klima schwafelt, das wir jetzt angeblich nicht mehr haben. Als hätte die Menschheit früher in schönster Harmonie mit der Natur gelebt! In einem goldenen Zeitalter der Naturfülle, der natürlichsten Wunscherfüllung. Es stimmt zwar, dass das Klima wärmer wird. Und dass als direkte und spürbare Folge davon Extremwetterereignisse zunehmen. Aber nehmen auch Naturkatastrophen zu? Das ist eben die Frage. Man müsste sich diese Frage viel grundsätzlicher stellen. Ab welchem Punkt der Verschlimmerung ist das Wetter eigentlich "extrem"? Schon da gehen die Meinungen weit auseinander. Und ab welchem Punkt der Verschlimmerung ist ein Extremwetterereignis eine Naturkatastrophe? Was ist überhaupt eine Naturkatastrophe? Hier fängt dann eben die Schindluderei an: die propagandistisch geschürte Verwirrung rund um den Begriff "Klimakatastrophe". Baue ich ein Haus dicht an einem Flussufer oder sogar in ein ausgetrocknetes Bachbett hinein, wird mir eine Naturkatastrophe nicht erspart bleiben. Naturkatastrophen kann man herausfordern, indem man sich am falschen Ort aufhält. Oder die falschen Projekte am falschen Ort verwirklicht, zum Beispiel AKWs in einem Erdbebengebiet baut. Und damit auch garantiert der Worst Case eintritt: direkt am Meeresufer in einem Tsunami-Gebiet. So gesehen häufen sich Naturkatastrophen tatsächlich. Aber eben nicht nur wegen des Klimawandels. Schon immer hat die Natur verrückt gespielt, und schon immer ist sie uns in die Quere gekommen. Und ich finde es einigermassen befremdlich, wie jetzt allerorten versucht wird, den Menschen als gottgleichen Lenker und Gestalter des planetaren Naturgeschehens zu definieren. Für diesen Zweck ruft man sogar ein neues Zeitalter aus, das sogenannte "Anthropozän", eine geologische Ära, die vom Menschen dominiert wird. So ein Blödsinn! Die reine Hybris! Es gibt Naturmächte, für die wir schlicht keine Rolle spielen, Mächte wie Lovecrafts Cthulhu, jenes undefinierbare Urzeit-Monster, das unsere weltumspannende Zivilisation mit einem einzigen Rülpser auslöschen könnte. Angesichts von Vulkanen, Tsunamis und Sonnenaktivitäten sind wir nichts weiter als Ameisen oder Amöben. Die nichtmenschlichen Einflüsse auf das Klima sind gewaltig - und keineswegs schon restlos erforscht.. Es gibt kein stabiles Klima, es gibt auch kein zuverlässig berechenbares Klima. Behauptet wer? Ich weiss, ich bin kein Wissenschaftler, ich bin nicht mal ein Hobby-Wissenschaftler. Trotzdem bin ich in der Lage, einen Esel "Esel" zu nennen, wenn ich einen vor mir sehe, und zwar auch dann, wenn ich in den Spiegel blicke. Was ich da sehe, ist ein Mensch, der durchaus an die Wissenschaft glaubt. Und in diesem Glauben immer wieder enttäuscht wird. Was aber völlig normal ist. Wissenschaft ist keine Religion. Wissenschaft stellt Vermutungen an, spekuliert auf der Grundlage von Daten, die nie komplett sind. Immer gibt es da Faktoren, die man noch nicht ausreichend kennt. Es soll mir niemand mit dem Weltklimarat IPCC kommen, der sich als unfehlbar und allwissend aufspielt und dabei ähnlich verfährt wie das Führungsgremium einer kommunistischen Staatsmacht. Sind Klimamodelle in Stein gemeisselt? Nein, wohl eher nicht. Laut Duden bedeutet "Modell" soviel wie Muster oder Entwurf. Klingt nicht unbedingt nach Zuverlässigkeit. Ein "Modell" ist ein Vorschlag: seht her, so könnte es sein. Und wenn es dann doch anders kommt: in den Papierkorb damit! Ein Modell operiert im Konjunktiv zwei. Schade, dass man das heutzutage nicht mehr so klar kommuniziert. Ob diese Fehlkommunikation  - um nicht von einer Irreführung zu sprechen - vom Weltklimarat, den Wissenschaftlern oder den Medien, Politikern und Klimaktivisten aufrechterhalten wird, ist letztlich egal. Man unterhöhlt damit wissenschaftliche Grundsätze. Weil man Forschungsgelder abgreifen, Menschen mobilisieren und den Klimawandel als Wirtschaftsaktor nutzen möchte, macht man aus der Wissenschaft eine Religion, eine Glaubens- oder Überzeugungssache. Ein Klimamodell sagt uns jedoch nicht die Wahrheit. Es sagt uns lediglich, was sich unter bestimmten Voraussetzungen bewahrheiten könnte. Wissen ist Stückwerk. Man weiss noch längst nicht alles, und chaotische Systeme sind schwer zu prognostizieren. Beispiel Eiszeiten. Wie Eiszeiten entstehen, was sie auslöst, welchen Zyklen sie folgen und was wir diesbezüglich zu erwarten haben: das versteht man erst ansatzweise. Das wird immer noch erforscht. Es ist also nicht völlig daneben, wenn man der Klimawissenschaft misstraut. Es ist auch nicht völlig daneben, dem Wetterbericht zu misstrauen. Oder den Vorhersagen der Börsenanalysten. Die Fehlerquote ist extrem hoch. Und nein, ich leugne die Klimaerwärmung nicht. Auch das ist typisch für die Klima-Religion: dass man Ketzern die Hölle heiss macht. Wie unwürdig! Wie unwissenschaftlich! Selbstverständlich darf man wissenschaftliche Erkenntnisse hinterfragen. Man soll sie sogar hinterfragen! Auch als Laie, als Wissenschaftstrottel. Man muss den eigenen Kopf nicht gänzlich ausschalten, nur weil jemand in einem weissen Kittel etwas Wichtiges sagt. Die Geschichte zeigt uns, dass Experten manchmal ganz schön danebenliegen. Wie lange ist her, dass Experten Heroin als Beruhigungsmittel für Kinder oder radioaktive Kosmetika als völlig unbedenklich empfohlen haben? Eine gesunde Portion Skepsis kann nicht schaden, wenn Wissenschaftler allzu siegessicher in die Posaunen blasen. Aber man sollte sich auch nicht verschliessen, solange sich die Wissenschaft einem Für und Wider aussetzt, einem offenen Disput. Ich persönlich zweifle keine Sekunde daran, dass der Mensch die Klimaerwärmung mitverursacht. Und wo wären wir ohne die Wissenschaft! Unwissenschaftliche Ignoranz können wir uns nicht leisten, und ich bin froh, dass es Leute gibt, die auf dem Wachtposten stehen und uns warnen. Doch halte ich es eben auch für unwissenschaftlich, wenn man die Fehlerquote leugnet und die Erkenntnismöglichkeiten von Wissenschaft falsch einschätzt. Wissenschaft ist gut darin, die Vergangenheit zu erklären. Aber sie ist verdammt schlecht darin, die Zukunft vorherzusagen. Wir wissen nicht mit Sicherheit, was auf uns zukommt. Niemand weiss das. Es könnte auch alles viel schlimmer kommen, als uns die Wissenschaftler vorhersagen. Vielleicht ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Doch was soll's? Die Grünen landen mit ihrer Parole den grossen Wurf. Sie können Macht und Einfluss gewinnen, und sie brauchen sich dabei nicht einmal sonderlich anzustrengen. Der grüne Absolutheitsanspruch beendet jede Diskussion, bevor sie überhaupt begonnen hat. Was hier vorgebracht wird, kann man nicht mehr diskutieren. Es ist ein Schwarzweiss-Denken, das alle in die Pflicht nimmt, niemand darf sich davonstehlen, niemand darf gleichgültig bleiben. Es geht ums Ganze. Weltrettung oder Untergang. Basta und Punkt. Kein Wunder ist inzwischen alles ein bisschen grün. Wo man hinschaut, floriert das grüne Weltbewusstsein. Alles scheint sich auf diese Farbe eingeschworen zu haben. Alles ist grün. Ein ähnlicher Unsinn wie: "Alles ist Kunst". Oder: "Es gibt 60 Geschlechter". Solche Aussagen sind gegen den Begriff gerichtet, auf den sie sich beziehen und den sie scheinbar bejahen. Sie weiten ihn aus, bis er verschwindet. Kunst ist nur insoweit Kunst, als sie sich von Nicht-Kunst abzugrenzen vermag. Und Geschlechter gibt es ganz genau zwei. Es gibt Muttern und Schrauben. Jeder Heimwerker kennt dieses Prinzip. Bei den Grünen ist nun alles und jedes ein bisschen grün, was die Frage aufwirft, ob überhaupt noch etwas grün ist. Was ist eigentlich grün? Ich meine im wortwörtlichen Sinn. Grün ist zum Beispiel Kermit der Frosch. Oder die spitznasige Hexe in "The Wizard of Oz". Und grün ist auch die Heide in einem deutschen Heimatfilm, der den Titel "Grün ist die Heide" trägt, was sich, wie der Heimatfilmkenner weiss, auf die Lünenburger Heide und ihr heimatseliges üppiges Grün bezieht. Die Heidi dagegen - eine Arbeitskollegin von mir - wird manchmal grün vor Neid, ein Grün, das man nicht wirklich sieht, aber spürt. Die Apotheken haben ein grünes Kreuz, woran man sie schon von weitem erkennt, und wenn man im Restaurant einen grünen Salat bestellt, weiss der Kellner genau, was das ist, und bringt dann auch tatsächlich einen grünen Salat. Doch was bekomme ich, wenn ich grün wähle? Bekomme ich dann auch wirklich etwas Grünes? Bekomme ich dann nicht meistens etwas Rotes, Gelbes, Violettes oder sogar Blaues? Genau deshalb wähle ich schon lange nicht mehr grün. Schon seit Jahren ist es mit dieser Farbbestimmung nicht mehr so weit her. Wenn ich eine Wundertüte möchte, gehe ich zum Kiosk. Wir, die Ökos alter Schule, die Balkongärtner und Fischmadenzüchter, die Vogelstimmenlauscher und Igelretter, die Wurmkompostierer und Reisigbesenwischer, die Topfkräuterspezialisten und Grüngutentsorger, wir wissen schon längst, dass sich die Grünen in ihrem Buntheitsbestreben verrannt haben. Schuster bleib bei deinen Leisten! Die Grünen sollten sich radikal auf ihre Farbe zurückbesinnen. Sie sollten sich nur noch mit Fröschen, Eidechsen und Magerwiesen beschäftigen. Oder sagen wir: mit Natur. Mit dem, was kreucht und fleucht oder grünt und blüht. Und bitte nicht mit dem Klima! Das Klima sollte für die Grünen tabu sein. Wie auch die Moral. Es sei denn, sie bezieht sich aufs Recycling. Du sollst die Senftuben vom normalen Abfall trennen. Soweit ist der kategorische Imperativ der Grünen noch ganz in Ordnung. Doch das Klima schützen! Das Klima retten! Das ist etwas für Bekloppte! Die Verquickung von Klima und Moral ist wohl das Bekloppteste, was die Grünen jemals propagiert haben. Wo man hinschaut: Bekloppte, die das Klima retten wollen. Diese Beklopptheit erinnert ein bisschen an das "Haus, das Verrückte macht" aus dem Zeichentrickfilm "Asterix erobert Rom". In diesem Haus läuft alles derart hyperkorrekt ab, mit einem derartigen Aufwand an Gesetzen, Vorschriften, Massregelungen und Anleitungen, dass jeder, der es besucht, völlig bekloppt wieder herauskommt. Gackernd, meckernd, krähend, wiehernd, blökend oder wie ein Esel schreiend. So geht es den Menschen, die sich auf die Klimarettung einlassen. Und schuld daran sind die Grünen. Sie haben diese Sache ins Rollen gebracht. Sie haben die Beklopptheit salonfähig gemacht. Und jetzt fangen auch schon die Jugendlichen an zu spinnen. Wobei sie eben jung sind und das Vorrecht geniessen, alles in Frage stellen zu dürfen. Wenn man jung ist, muss man es mit der Realität nicht so genau nehmen. Man darf Ideale haben, und die dürfen vermessen sein. Sie dürfen sogar bekloppt sein.

 

Engagierte Jugendliche gehen auf die Strasse, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Ihre Besorgnis ist berechtigt, Wissenschaftler schlagen Alarm, der Klimawandel schreitet voran. Bekloppt ist der Protest trotzdem. Man kann dagegen protestieren, dass eine Supermacht Atombomben hortet. Man kann auch dagegen protestieren, dass ein Ölkonzern die Meere verschmutzt. Aber ein Protest gegen uns alle? Gegen jeden Menschen, der irgendwo auf der Welt am Wohlstand partizipiert? Na, ich weiss nicht. Ein Protest muss präzise adressiert sein, sonst trötzelt man da nur ein bisschen herum, beklagt den allgemeinen Weltzustand und impft allen ein schlechtes Gewissen ein, die nicht in Sack und Asche gehen. Da sehen wir Pappschilder mit brennenden Weltkugeln und anklagenden Slogans, und wir wissen: das Ende ist nah. Dicke Post, könnte man sagen. Aber was genau muss sich denn ändern? Was wollen uns die Demonstranten so dringlich ans Herz legen? Was glauben sie mit ihren Pappschildern auslösen zu können? Ein grosses Erwachen? Ein grosses Umdenken? Wo denn? Bei uns, wo von früh bis spät über nichts anderes als den Klimawandel berichtet wird? Oder wollen sie die Afrikaner oder die Inder davon überzeugen, dass sie unsern Wohlstand nicht teilen dürfen? Soll die aufstrebende Mittelschicht des globalen Südens in die Holz- und Lehmhütten zurückgescheucht werden? Oder ist der Protest ausschliesslich an unsere Politiker gerichtet, die man protestlos abwählen könnte, wenn man denn wollte? Und was sind eigentlich die politischen Forderungen? Will man eine Notstandspolitik? Soll in Europa alles umgekrempelt werden, obwohl wir in Sachen CO2-Ausstoss weit hinter anderen Erdteilen zurückliegen? Oder geht es nur darum, dass Europa (oder die Schweiz oder Deutschland) als moralisches Vorbild dasteht? "Heute die Schweiz und morgen die ganze Welt." Soll das eine brauchbare Devise sein? Sollen wir uns für den Nabel der Welt halten, für das Weltgewissen? Oder gar für die Weltpolizei? Was ist überhaupt die Devise? Kampf der Klimaerwärmung? Nieder mit dem Temperaturanstieg? Und wo sollen wir da ansetzen? Wo ist der Temperaturregler? Auf welche Knöpfe müssen wir drücken, welche Massnahmen ergreifen? Fragen über Fragen. Aber fragen Sie bitte nicht die Demonstranten! Die wissen es nämlich auch nicht. "Irgendwas tun, aber ein bisschen dalli!" ist keine brauchbare Forderung. Wenn überhaupt irgendwo, wird der Kampf gegen den Klimawandel in den technischen Labors vorangetrieben, von Leuten, die fleissig studiert und nicht jede zweite Vorlesung geschwänzt haben, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Die Wissenschaft ist zwar keine verlässliche Wahrheitsquelle, aber eines kann man ihr nicht streitig machen: sie hat einen enormen Leistungsausweis. Sie hat die schlimmsten Seuchen besiegt und die Lebenserwartung innerhalb eines Jahrhunderts vervielfacht. Garantien gibt es keine, aber eines ist sicher: wenn es eine Weltrettung gibt, dann hat sie das Aussehen eines älteren, stark kurzsichtigen Mannes oder einer älteren, stark kurzsichtigen Frau. Diese Person, so ist jedenfalls anzunehmen, hat einen braven Doktortitel und einen ebenso braven weissen Kittel, und ich könnte darauf wetten, dass diese Person, wenn sie dann mal ins Scheinwerferlicht tritt und verkündet "Hurra! Ich habe dank meiner Erfindung XY die Welt gerettet!" den meisten von uns genauso blass und bieder vorkommen wird wie der Physik- oder Chemielehrer, der uns in der Schule immer so gelangweilt hat. Auf solche Leute können wir unsere Hoffnungen setzen: nicht aber auf einen Haufen idealistischer Zahnspangen-Teenies, die mit ein paar Pappschildern den drohenden Weltuntergang abwenden wollen. Sollte der Weltrettungsidealismus weiter um sich greifen und die Jugendlichen in Scharen dazu bringen, die Uni oder die Schule zu schwänzen, fürchte ich wirklich um unsere Zukunft. In letzter Zeit liege ich nachts häufig wach und phantasiere von einer Zombie-Apokalypse. Mit der Klimaerwärmung hat das aber nur sehr indirekt zu tun. Jungs und Mädels aus der "Generation Smartphone" kenne ich vor allem vom Beruf her, ich kenne sie als Lehrlinge, und es fällt mir auf, dass die meisten von ihnen ein total positives Lebensgefühl haben. Nichts von "No Future". Sie planen ihre Zukunft, wie wenn sie eine hätten. Mit einer Na-und-Haltung, einer Unbeschwertheit, die meine Generation, die sogenannte Generation X - ach, wie viele Leute habe ich abstürzen sehen! - niemals gehabt hat. Was mir aber auch auffällt, ist ein gewisses Defizit. Sie können zwar irrsinnig schnell ein SMS tippen, in Gedankenschnelle sozusagen, bekommen jedoch keinen einzigen geraden Satz hin, beherrschen die Kommaregeln nicht, überlassen die gesamte Orthografie der Tippfehlerkorrektur, und wenn man sie in ein Gespräch über Naturschutz verwickelt, behaupten sie allen Ernstes, die grönländischen Pinguine seien vom Aussterben bedroht. Kann man die Welt retten, wenn man die Kommaregeln nicht beherrscht? Wenn man den Nord- mit dem Südpol verwechselt? Solche Fragen treiben mich um. Was mir ehrlich gesagt Sorgen macht, ist die Manipulierbarkeit von Menschen, die vielleicht nicht mal dumm sind, aber ein bisschen naiv und bildungsresistent. Auf mich wirken diese demonstrierenden Kids wie Pappfiguren. Nicht nur ihre Schilder sind aus Pappe: sie selber sind es ebenfalls. Verstehen sie denn nicht, dass man sie gewähren lässt und mit Samthandschuhen anfasst, weil man ganz genau weiss, dass sie dem Establishment und seinen Wirtschaftsinteressen nicht gefährlich werden können? Die meisten von ihnen gehören ja selber zum Establishment, es sind gutgestellte Wohlstandsbürger-Kids. Manche von ihnen lassen sich im klimatisierten Familien-Van zu den Demonstrationen chauffieren, und wenn sie fertig demonstriert haben, düsen sie mit dem nächsten Billigflieger nach Bali, um sich zu erholen. Das sei ihnen gegönnt. Demonstrieren ist anstrengend, und die Wunden der Selbstgeisselung müssen hin und wieder verheilen, sonst kann man nicht weiterdemonstrieren. Ist diese Jugend unbequem, aufmüpfig, provokant? Nein, ich glaube nicht. Wer zum Mainstream gehört, ja gar zum Establishment, ist kein Rebell, kann kein Rebell sein. Der Ur-Punker Johnny Rotten hat vermutlich recht, wenn er die heutige Jugend als "Lämmerherde" beschimpft. Johnny Rotten ist ein verknorzter alter Sack, wie ich selber auch einer bin, und die verknorzten alten Säcke haben es halt so an sich, dass sie auf die "heutige Jugend" schimpfen. Und trotzdem hat er recht. Wenn die privilegiertesten Kids der "Generation Smartphone" in den Ausstand treten, einer Generation, die nie über den Tellerrand einer neoliberalen Wirtschaftsordnung geblickt hat, wirkt das seltsam opportunistisch. Wer am reich gedeckten Tisch den Verzicht predigt, bekommt sehr viel Lob und Zustimmung und darf den Schlaf des Gerechten schlafen. Was wollen diese Kids? Die Welt retten! Na klar. Das hätte man sich ja fast denken können! Hauptsache etwas Idealistisches. Anstatt die ganze Zeit auf dem Smartphone "Fortnite" zu spielen, kann man jetzt der Menschheit mal zeigen, wo's langgeht. Es ist das, was man von den Jungen erwartet. Schliesslich sind sie die Zukunft, die Hoffnungsträger. Und genau das streichen uns die Medien täglich aufs Brot: seht euch an, wie mutig uns die Jungen vorangehen! Ihr verknorzten alten Säcke: da könnt ihr euch ein Beispiel nehmen! Ach, die heutige Jugend, wie wunderbar sie sich engagiert! Ist das nicht schön? Aber seien wir gnädig! Sie hat es nicht leicht, diese Jugend. Ihre Situation ist hochgradig schizophren. Einerseits verdankt sie der rücksichtslosen Wirtschaft einen Wohlstand ohnegleichen. Andererseits schmelzen die Polkappen: also muss man dringend etwas tun und tanzt - mangels vernünftiger Optionen - den Schalmeienklängen einer rührend idealistischen Weltrettungsphantasie hinterher.

 

Der grüne Romantizismus kommt bei den Jungen an: wieder einmal. Man ist grün, und grün ist hip, nicht unbedingt politisch, aber als Lifestyle. So kann man das noch akzeptieren. Ein bisschen grün sind wir alle einmal gewesen, sogar die Vernünftigsten unter uns. Vielleicht ist das der Hesse-Effekt. Den gab es schon zu meiner Zeit. Nur hat man sich damals noch mit der Rettung von Eidechsen begnügt. Und ich meine: das war schon anstrengend genug. Hätte ich damals auch noch die Welt retten müssen, so hätte ich wohl heute noch Muskelkater. Damals hat man noch etwas geschützt, das man sehen und anfassen kann: vor der eigenen Haustüre, im eigenen Land, im Naturteich eines Hochmoors und in den schönen Bergen. Ansonsten hat die Jugend das gemacht, was sie am besten kann: Unfug treiben, Partys schmeissen und irgendwelchen schrägen Idealen hinterherlaufen. Das kann die Jugend gut. Darin liegt das Sturm-und-Drang-Potential, das schon den jungen Schiller beflügelt hat, als er "Die Räuber" schrieb. Oder das den jungen, damals noch schlanken Johnny Rotten zum Bürgerschreck gemacht hat. Mit diesem Potential kann man alles Mögliche anstellen, zum Beispiel ein geniales literarisches Erstlingswerk oder einen bahnbrechenden Punksong wie "God save the Queen" schreiben. Aber die Welt retten kann man damit nicht. 

 

2015